Was die VDI 2035 wirklich sagt (und wie du sie im Alltag sicher erfüllst)

Wer Heizungsanlagen zuverlässig, effizient und ohne Folgeschäden betreiben will, muss das Thema Heizwasserqualität beherrschen. Genau hier setzt die VDI 2035 an. Sie beschreibt den Stand der Technik für Warmwasser-Heizungsanlagen (< 100 °C) und bündelt die zentralen Anforderungen an Füll-, Ergänzungs- und Umlaufwasser – damit Kalk, Korrosion, Schlamm und Luft keine Chance haben.

Wichtig zur Einordnung: Die aktuell maßgebliche Fassung ist VDI 2035 Blatt 1 (03/2021). Sie vereint die Themen Steinbildung und wasserseitige Korrosion in einem Dokument. Blatt 3 (abgasseitige Korrosion) existiert separat. Viele Branchenartikel sprechen salopp von der „neuen VDI 2035“, auch in 2023–2024 – inhaltlich referenzieren sie aber die 2021er Ausgabe.

Die 4 Stellschrauben der Heizwasserqualität (kurz & knackig)

Aus der Praxis für die Praxis – das ist entscheidend:

  1. Härte / Kalk (Kesselstein) reduzieren
    Zielwert fürs Füllwasser: ≈ 0,3 °dH (weich bis vollentsalzt). So vermeidest du Steinbildung und hältst Wärmetauscher effizient.
  2. Leitfähigkeit niedrig halten
    Für salzarmen Betrieb gilt als Richtwert im Betrieb: ≤ 100 µS/cm – je niedriger, desto besser gegen Korrosion.
  3. pH-Wert passend einstellen
    Allgemein: 8,2–10,0
    mit Aluminium-Bauteilen: 8,2–9,0 (enger fahren, Alu sonst korrosiv). pH erst nach Einlaufphase bewerten (8–12 Wochen).
  4. Sauerstoff vermeiden
    Sauerstoff ist der Korrosionsbeschleuniger. Richtwerte in der Praxisliteratur: < 0,1 mg/l für salzarmen Betrieb; bei salzhaltigem Betrieb oft noch strenger (< 0,02 mg/l). System so bauen/halten, dass O₂-Eintrag minimal ist (diffusionsdichte Werkstoffe, dichte Verschraubungen, Entgasung).

Chemikalien? Die VDI 2035 sieht salzarmen Betrieb (VE-/demineralisiertes Wasser) als bevorzugten Weg. Inhibitoren & O₂-Binder erhöhen die Leitfähigkeit und sind Ausnahmen, nicht Standard.

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Die VDI 2035 – kompakt erklärt

  • Geltungsbereich: Warmwasser-Heizungsanlagen nach DIN EN 12828 (Vorlauf < 100 °C), inkl. hydraulisch verbundener Kühlkreise, wenn korrosionsbeständig.
  • Ziel: Schäden durch Kalk und wasserseitige Korrosion vermeiden – mit klaren Qualitätsanforderungen an Füll-, Ergänzungs- und Umlaufwasser.
  • Konsequenz: Viele Hersteller koppeln Garantiebedingungen an die nachweisliche Einhaltung der VDI-Werte.

Praxisrichtwerte – was wir als SHK-Betrieb anpeilen

Größe Zielbereich (salzarm / bevorzugt) Hinweise aus der Praxis
Härte (Füllwasser) ca. 0,3 °dH via Vollentsalzung / Demineralisierung sicher erreichen.
Leitfähigkeit (Betrieb) ≤ 100 µS/cm Leitfähigkeit steigt mit Salzen, Inhibitoren, Frostschutz; möglichst niedrig halten.
pH-Wert (ohne Alu) 8,2–10,0 pH nach 8–12 Wochen bewerten, nicht direkt nach Befüllung.
pH-Wert (mit Alu) 8,2–9,0 Alu korrosiv oberhalb ~9,0; eng führen.
Sauerstoff < 0,1 mg/l (salzarm) O₂-Eintrag minimieren, Entgasung/Entlüftung sicherstellen.

So setzt du die VDI 2035 um – Schritt für Schritt

1) Bestandsaufnahme & Planung

  • Systemdaten erfassen: Volumen, Werkstoffe (Alu ja/nein), diffusionsoffene Bauteile, Nachspeisepfade.
  • Wasseranalyse (Füllort / Rohwasser) + ggf. Anlagenwasser (bei Bestand).

2) Aufbereitung wählen: Vollentsalzen vor Enthärten

  • Vollentsalzung (VE/Mischbett) trifft alle SalzeLeitfähigkeit ↓, Härte < 0,3 °dH; damit erreichst du die VDI-Zielwerte am sichersten.
  • Enthärtung reduziert nur Härtebildner – die Leitfähigkeit kann sogar steigen. Für VDI-Leitfähigkeit ≦ 100 µS/cm ist VE der zuverlässig bessere Weg.

3) Füllen – sauber, lufthungrig vermeiden

  • VE-Füllung mit Mess-/Zählereinheit (Leitfähigkeit, Volumen).
  • Sanft spülen (Bestand) bis klar und partikelfrei. Magnetit & Schlamm aus kritischen Zonen entfernen (sonst klemmen Ventile, Stellglieder, Wärmetauscherkanäle).
  • Entgasung / Entlüftung direkt mitdenken.

4) pH-Fenster einstellen (Materialmix beachten)

  • Bei Aluminium konsequent 8,2–9,0 fahren.
  • Geduld: pH nach 8–12 Wochen im Betrieb seriös bewerten – vorher ist die Messung wenig aussagekräftig.

5) Nachspeisung: nur aufbereitet

  • Dauerhaft: Nachspeiseeinheit mit VE-Patrone und Qualitätsüberwachung einsetzen; unaufbereitetes Wasser zerstört deine guten Startwerte im Handumdrehen. (Chemie nur in begründeten Ausnahmen.)
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6) Monitoring & Wartung

  • Kontrollen: Leitfähigkeit, pH, Trübung/Partikel, O₂ (wenn verfügbar).
  • Dokumentation: Messwerte, Volumina, Patronenwechsel, Service. Hersteller-Garantie freut sich mit.

Typische Fehler – und wie du sie vermeidest

  • „Einmal VE, danach Leitungswasser nachspeisen“No-Go: Werte kippen, Korrosion legt los. Immer aufbereitet nachspeisen.
  • pH direkt nach Befüllung bewerten → Warte 8–12 Wochen, dann messen und feinjustieren.
  • Enthärtet statt VE → Leitfähigkeit bleibt hoch/steigt, Korrosionsrisiko bleibt. Für ≤ 100 µS/cm brauchst du VE.
  • Alu ignorieren → pH zu hoch → Lochfraß/Passivschicht-Probleme. 8,2–9,0 strikt einhalten.
  • O₂-Einträge über diffusionsoffene Bauteile / Undichtigkeiten → O₂ < 0,1 mg/l anpeilen, Entgasung einplanen.

Best Practice: Zielwerte, die im Alltag funktionieren

  • VE-Füllung auf ≤ 100 µS/cm (besser niedriger starten).
  • pH:
    • ohne Alu: 8,2–10,0
    • mit Alu: 8,2–9,0
  • O₂ technisch minimieren (Materialwahl, Dichtheit, automatische Entgasung).

Dokumentation & Haftung – dein Sicherheitsnetz

  • Übergabeprotokoll mit Startwerten (LF, pH, Härte, Trübung), VE-Volumen, Filter/Harz-Seriennummer, Probenahmestelle.
  • Wartungsplan mit Messintervallen (z. B. halbjährlich, bei Anlagen mit viel Nachspeisung vierteljährlich).
  • Nachspeisevolumen und Qualität fortlaufend dokumentieren – viele Hersteller koppeln Gewährleistung an die nachweisliche Einhaltung der VDI-Zielwerte.
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FAQ

Gibt es feste VDI-Grenzwerte?
Die VDI 2035 arbeitet mit Richt-/Zielwerten und klaren Empfehlungen (z. B. salzarmer Betrieb). Ein Leitwert von ≤ 100 µS/cm hat sich als Zielwert für salzarmen Betrieb etabliert. Für Alu-Systeme gelten engere pH-Fenster.

Warum VE statt Enthärtung?
Nur VE senkt alle Ionen → Leitfähigkeit niedrig, Korrosionsneigung runter. Enthärtung entfernt lediglich Härtebildner und kann die Leitfähigkeit sogar erhöhen.

Wann pH messen/einstellen?
Nach 8–12 Wochen – vorher pendelt sich das System ein.

Wie streng ist das mit Sauerstoff?
Sehr. < 0,1 mg/l für salzarmen Betrieb ist ein guter Zielwert; bei salzhaltigem Betrieb werden teils < 0,02 mg/l genannt. In jedem Fall gilt: O₂-Eintrag minimieren.

Fazit aus langjähriger SHK-Praxis

Wenn du VE-Füllung, enge Nachspeisekontrolle, passendes pH-Fenster (Alu beachten) und O₂-Armut konsequent umsetzt, erfüllst du die VDI 2035 sicher – und die Anlage läuft ruhig, effizient und langlebig. Die wenigen Extraminuten für Messung & Dokumentation sparen dir später Tage an Fehlersuche und Ärger mit Reklamationen. Genau so machen wir’s seit Jahren – und genau so bleibt das Heizwasser marschfähig: sauber, normgerecht, stressfrei.

Beitragsbild: Sigmund auf Unsplash